Auf geht´s nach Angola! Wie immer gehen wir mit offener Neugier hinein ins Unbekannte.
Wir haben uns für den Grenzübergang von Omahenene (Calueque) entschieden, laut Berichten von anderen Overlandern seien die Formalitäten dort problemlos. Das Ausstempeln der Pässe und des Carnets dauert auf der namibischen Seite tatsächlich nur 10 Minuten. Der Grenzbalken hebt sich und wir rollen rüber zum angolanischen Posten – ein mehrstöckiger Beton- Quader mit nur einer vergleichsweise kleinen Glasflügeltüre (natürlich wechseln wir im Niemandsland feierlich auf die „richtige“ Straßenseite, denn in Angola herrscht Rechtsverkehr). Drinnen herrscht gähnende Leere, nur ein Beamter hebt langsam den Kopf und ich übe mein erstes Bom Dia. Auch hier sind die Pässe schnell gestempelt, aber dann beginnt er ein Frage-Antwort Spiel mit seinem Kollegen, dazu läuft er mehrmals in ein Hinterzimmer oder ruft über die hölzerne Trennwand. Es wirkt, als wolle er nun jeden einzelnen Schritt rückbestätigen. Auch unsere Daten werden akribisch und händisch in ein größeres Buch übertragen. Soweit nichts Ungewöhnliches in Afrika. Fertig an dieser Station, unsere Pässe wandern weiter zu einem neuen Kollegen, den sie extra herbeibeordert haben. Er soll die Zollbescheinigung („Temporary Import Permit“) für Luna ausstellen (in Angola gilt das Carnet nicht). Er erklärt uns zunächst, von welchen Dokumenten er Kopien braucht, startet seinen Computer und legt für Martin zunächst mal eine angolanische Steuernummer an. Der Transfer der Fotos vom Auto funktioniert sehr einfach über AirDrop. Die Zulassung, den Führerschein und das Carnet will er kopieren. Mehrmals verschwindet er samt unseren Dokumenten ins Hinterzimmer und berät sich mit den Kollegen. Währenddessen lernen wir zwei Overlander aus Bayern kennen, Silke und Harald, die mit ihrem Eigenausbau-Iveco namens „Tembo“ ebenfalls erstmal nach Angola wollen. Wir vertreiben uns die Wartezeit mit dem Austausch von Traveler-Tipps. Merklich nervöser kommt der Beamte zurück, frustriert verkündet er uns: “ Sorry, we have a problem. Our printer is not working.” Damit kann er das Permit nicht ausdrucken. Mist! Er beginnt zu telefonieren und nach einer Weile (in Afrika gibt’s immer irgendeine Lösung) der Vorschlag: Er geht mit den Daten am USB-Stick zu den Kollegen in Namibia und druckt dort unsere Permits. Wir akzeptieren natürlich und so schlendert er ohne besondere Eile los. Es klappt tatsächlich, eine halbe Stunde später sitzen wir im Auto, kontrollieren schnell noch mal, dass wir wieder alle unsere Dokumente retour haben, und hinein geht’s in unser angolanisches Abenteuer. Klar, dass wir ab jetzt einen Österreichich-Bayrischen Konvoi bilden.
Der erste Abschnitt nach Xangongo ist dann tatsächlich gleich abenteuerlich. Der heftige Regen vor zwei Tagen hat die ohnehin schon sehr ramponierte Piste in eine Schlagloch- Schlamm-Strecke verwandelt. So halten wir wenige Kilometer nach der Grenze erstmals bei einem langen und breiten Wasserloch. Wir checken alle möglichen Einfahrten und Ausfahrten. Es hilft nichts: Um sicher zu gehen, wie tief das Wasser ist und ob der Untergrund stabil ist, muss man durchwaten. Ich bin nicht wirklich begeistert, durch den Schlamm zu waten, aber Harald kommt mir sowieso entschlossen zuvor und schreitet die Megapfütze ab. Eifrig kommentiert er für uns Landratten, was er unter den Füßen ertastet. “Koa Problem, nit amoi bis zu di Knia – des pock ma glei”. Wir einigen uns auf die beste Variante für die Durchfahrt, ich stakse durchs Gebüsch am Rand auf die andere Seite und gebe drüben angekommen das Startkommando für den Video-Dreh. Martin und Luna pflügen plangemäß durchs Wasser. Zwei Minuten später steht auch Tembo an ihrer Seite.
Weiter geht’s. Der Plan für heute ist möglichst weit bis vor Xangongo zu kommen und wild zu campen – die Idee, die gesamte Strecke zu schaffen, haben wir angesichts des Zustands der Piste sehr schnell aufgegeben.
Nicht so viel Glück hat ein im Schlamm steckender Sattelschlepper, auf den wir eine halbe Stunde nach der großen Lacke stoßen. Fahrer und einige Helfer sind eifrig bemüht, den dicken Schlamm rund um die Zwillingsreifen wegzuschaufeln und Gestrüpp unterzulegen. Doch es reicht nicht. Harald will den Versuch wagen, ihn rauszuziehen. Er positioniert Tembo vor der Zugmaschine und die Männer bringen das Abschleppseil an. Wir beobachten die eigentlich hoffnungslose Aktion, drücken aber gleichzeitig die Daumen. Doch leider scheitern alle drei Versuche – es sind halt doch unterschiedliche Gewichtsklassen…. Enttäuscht löst der LKW-Fahrer die Verbindung zwischen den Vehikeln. Er muss das Seil mit der Machete durchtrennen, weil der Knoten durch die Zugkraft bombenfest sitzt. Wir verabschieden uns mit Bedauern und dem Versprechen, im nächsten Ort Bescheid zu geben, dass hier Hilfe von einem starken Traktor gebraucht wird. Das mache ich dann auch – mit einer Mischung aus Spanisch, Englisch und den Fotos vom festsitzenden LKW versuche ich, es den Leuten im Ort verständlich zu machen. Am Ende ist ihnen das Problem klar, aber auch die Menschen hier haben nicht wirklich eine taugliche Lösung parat. Ein paar finden vermutlich auch das Bier in der Bar, vor der wir stehen, reizvoller als eine schlammige Bergungsaktion. Der nächste Traktor befinde sich in Calueque, und das liegt für uns in der falschen Richtung. Ein letztes Mal bitte ich sie, Hilfe zu schicken. Mehr können wir jetzt auch nicht mehr tun und setzen unseren eigenen Kampf gegen die Schlamm-und Schlaglochpiste fort.
Wir fahren Schlangenlinien auf, sowie links und rechts neben dem aufgeschütteten Damm, dessen Ränder zuweilen tief erodiert sind – ein Fahrfehler könnte hier fatale Auswirkungen haben. Mit nur 10-25 km/h tasten wir uns konzentriert vorwärts.
Trotz aller Mühsal ist die Fahrt entlang der Schwemmebenen des Cunene von landschaftlicher Schönheit geprägt. Auf den Fluss haben wir zuweilen tolle Ausblicke, wenn wir auf einer Anhöhe sind. Links und rechts erspähen wir immer wieder Lagunen mit Seerosen, und wir mache viele uralte Baobabs aus. Unter zwei von ihnen rasten wir zur Stärkung mit einem Sandwich, Kaffee und Manner-Schnitten (so viel Zeit muss sein).
Für die Nacht richten wir abseits der Piste auf einem flachen, sandigen Stück Land zwischen den Bäumen unser Camp ein, Sundowner-Bier und die Snacks schmecken heute besonders gut!
Zwei lokale Jungs nähern sich auf einem Motorrad, übers ganze Gesicht grinsend stellen sie uns neugierig ein paar Fragen, wo wir denn herkommen. Wie üblich klappt die Kommunikation mit Händen und Füßen und mit ein paar wenigen Brocken Spanisch und Französisch. Unter herzlichem Gelächter fahren sie dahin. Jetzt haben sie zu Hause was zu erzählen!
Wir stoßen an mit unseren netten Reisegefährten und unterhalten uns beim Abendessen fröhlich darüber, wie herrlich das Reisen in Afrika ist. Weit weg und ausgeblendet sind die Flut geopolitischer News aus Europa, dem Weißen Haus und dem Rest der Welt.
Die verbleibenden 20 Kilometer nach Xangango schaffen wir in der Früh relativ flott. Dort organisieren wir eine Sim-Karte und ein bisschen Luft für die hinteren Reifen (Martin ist zu faul, unseren Kompressor auszuladen) und begeben uns auf der Asphaltstraße nach Lubango, auf der wir überwiegend gut vorankommen, obwohl sie bisweilen mit tiefen Schlaglöchern durchsetzt ist, die auch ihre Opfer fordern, wie wir an manchen Bergeaktionen erkennen. Die meist mit Wasser gefüllten Löcher haben aber auch ihr Gutes, denn sie dienen oft Rindern, Schweinen und Eseln als Tränke und sind somit für uns leichter erkennbar. Eine Kuh übersieht man halt weniger leicht als ein Schlagloch! Langsamer werden muss man für beide.
Es wird einiges transportiert auf dieser Straße. Besonders auffallend und interessant sind da etwa die zahlreichen Sattelschlepper, die auf ihrer Ladefläche jeweils einen einzelnen dunklen Granitbock von etwa 2 Kubikmetern befördern, offenbar ein Bestseller im ganzen Land.
Dann sind da auch noch die dreirädrigen Lastenmotorräder, die auch einiges schaffen: die Ladefläche (etwa 3m2) gewährt im besten Fall gleichzeitig Platz für vier Menschen mit Gepäck und (bewiesenermaßen) eine Kuh. Zahlreiche dieser variantenreich bepackten Gefährte begegnen uns rund um die Ortschaften.
Lubango wirkt auf uns nach den vielen kleinen afrikanischen Hütten-Dörfern wie eine große Provinzstadt mit viel Gewerbe am Rand, Logistikzentren und moderne Boulevards. Der Verkehr ist recht diszipliniert und organisiert. Wir bahnen uns den Weg durch das Stadtgebiet zu dem Privathaus, in dessen Garten wir hoffen, heute unser Nachtlager aufzuschlagen. Am Gate begrüßen uns Gärtner Alfredo und vier große Hunde (nur gut, dass der Zaun noch zwischen uns ist). Wir erklären unseren Wunsch, doch da die Vermieter aktuell nicht da sind, leiht er uns sein Telefon, um mit den Eigentümern zu sprechen. Die Oma kommt nach dem Kirchgang in zwei Stunden und richtet alles her. Wir machen aus, dass wir am Abend wiederkommen. Derweil nützen wir den Nachmittag zum Besuch der Tundavala-Schlucht. Die ist atemberaubende 1000 Meter tief, und von mehreren Aussichtspunkten kann man weit ins Land hinausschauen. Der kleine Ausflug macht uns hungrig, und wir beschließen gleich auf der Rückfahrt beim Restaurant am Mutanda Wasserfall einen Happen zu essen, Allerdings wussten wir beim Bestellen noch nicht, dass bis zum Essen über 1½ Stunden vergehen würden. Also kommen wir erst nach Sonnenuntergang wieder zu unserem Camp, und diesmal dürfen wir auch rein. Die Hunde stürmen zur Begrüßung der Gäste auf uns zu und springen an uns hoch. Doña Elena (die nette Omi) erklärt uns noch rasch, wo wir das Bad und das WC finden, und kurz darauf genießen wir den warmen Wasserstrahl.
Die Nacht ist relativ ruhig, vereinzelt hören wir unsere Wachhunde patrouillieren.
Ich bin früh wach und muss dringend raus aufs WC, also Heckklappe auf. Das Geräusch ist verräterisch und sofort springen wieder die vier Vierbeiner um meine Beine herum und wollen spielen, einer legt mir sogar seine Pfoten auf den Rücken. Damit bremsen die Tiere meinen Gang zur Toilette natürlich etwas, aber es geht sich gerade noch aus und ich schließe erleichtert die Türe hinter mir.
Zurück bei Luna mache ich mal Kaffee und checke unsere nächsten Camp-Optionen, die ich Martin beim Frühstück präsentiere. Die Wahl fällt einstimmig auf die Flamingo Lodge südlich von Namibe am Atlantik. Die Vorfreude auf das Meer ist groß. Ein paar Dankesworte und ein Trinkgeld an Alfredo, und wir fahren aus dieser hübschen Garten-Oase hinaus in die staubige Stadt. Unten in Lubango kaufen wir noch ein paar Lebensmittel für die nächsten Tage und heben beim Geldautomaten Kwanza ab, da hier meist nur Cash-Zahlung möglich ist. Wir tanken auch ein bisschen vom angolanischen Benzin. Zuviel davon wollen wir aber wegen des hohen Schwefelgehalts nicht im Tank haben, das bekommt Lunas Euro 6-Motor nicht so gut. Daran ändert auch der unglaubliche Preis von EUR 0,29 / Liter wenig.
Um unser Tagesziel südlich von Namibe zu erreichen, müssen wir zunächst den spektakulären Leba-Pass hinab. Wir schauen uns die Serpentinenstraße zunächst von den Aussichtspunkten gleich nach dem Tollgate an und rollen danach von 1700 Meter Seehöhe runter ans Meer.
Tipps für Lubango (Mai 2025):
- Der herrliche Garten im privaten Garten „Tchiweko Camp“ (Koordinaten: ……) ist ein schöner „Campground“ – heiße Dusche im Haupthaus und Toilette darf man benutzen. Auch Wasser auffüllen ist möglich und es gibt Wifi! Es liegt auch ideal für einen Besuch in der Tundavala-Schlucht (empfehlenswert).
- Bei der Rückfahrt waren wir im Flor de Lis, ebenfalls sehr nett mit heißer Dusche und Toilette. Netter Garten, Benützung des Frühstücksraums und der Küche ist möglich. Liegt an der westlichen Ausfahrt Lubangos auf 2.035 Meter Höhe und ist daher gut geeignet bei einer Weiterreise nach oder Ankunft aus dem Westen, weniger gut für Besorgungen in der Stadt (steile 20min Fahrt).
- Shoprite, Bankomaten, nettes historisches Zentrum: Lubango eignet sich ideal für Besorgungen.
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