Das Damaraland – weite Landschaften im Norden Namibias

Früh am Morgen nehmen wir Abschied von der Spitzkoppe und düsen auf guter Gravel-Piste Richtung Uis, wo wir noch kurz für einen Kaffee halten und den Telecom-Empfang für ein paar Mails und WhatsApp nutzen. Ab hier stelle ich das Navi auf unsere heutiges Etappenziel Palmwag ein. Los geht’s! Der digitale Helfer leitet uns Richtung Brandberg White Lady und dann in die Sorris Sorris Conservation. Die Piste ist zwar schmal, aber scheint, ob der Spuren im Sand, gut befahren – also weiter. Ein bisschen beschleicht mich nach einiger Zeit zwar das Gefühl, dass uns das Navi wieder mal nicht auf die Hauptroute geschickt hat. Doch jetzt sind wir schon zu weit und entscheiden uns bewusst, auf dieser Route zu bleiben, denn obwohl sie aufgrund der steinigen Passagen bestimmt langsamer zum Ziel führt, beschert sie uns definitiv eine Fahrt durch wunderschöne Landschaften. 

Luna rollt über sanfte Hügel, deren grün silbrig schimmernde Grasteppiche sich im Wind wie sanfte Wellen auf dem Meer bewegen. Wir queren und befahren sandige Flussarme, die sich zwischen hohen Felswänden durchschlängeln, bis wir ein einsames Hochtal erreichen. Dort entdecken wir an den spärlich bewachsenen Dünen die gleichsam seltsame wie berühmte Welwitschia mirabilis, zuerst nur eine, dann werden es immer mehr. Die Pflanze ist nach ihrem Entdecker, einem österreichischen Forscher namens Welwitsch, benannt und kann über 1000 Jahre alt werden. Eigentlich hat sie nur zwei Blätter, die sich aber in ein Wirrwarr aus Tentakeln aufspalten. Die Welwitschien sind endemisch in Nambia und dem südlichen Angola und überleben auch ohne Regen, indem sie mit ihrem weit auskragenden Wurzelgeflecht Feuchtigkeit aus der Luft auffangen oder sich über ihre tiefen Pfahlwurzeln versorgen.

Am Horizont werden die dunklen Tafelberge höher, und auch unser Trail geht wieder kurviger und steiniger bergab. Erstmals seit langem tauchen Wegweiser, auch ein Schild “NO ENTRY – Private Concession” – blöd nur, dass unser Navi genau da hineinwill. Für gewöhnlich halten wir uns an solche Hinweisschilder, doch jetzt sind wir schon mal da und die andere Richtung ist keine Option (da gehts raus zur Küste). Also haben wir eigentlich ja gar kein Schild gesehen und folgen dem Navi (sorry Sorris Sorris!). Wir haben auf der gesamten bisherigen Strecke kein einziges Auto getroffen, und so bleibt es auch, als wir die (nicht beschilderte) „Private Concession“ etwa eine halbe Stunde später an der nördlichen Grenze wieder verlassen.

Wir passieren den Burnt Mountain und ab da – weil es eine touristisch bedeutsame geologische Sehenswürdigkeit ist – haben wir eine zweispurige perfekte Piste bis Palmwag. Das Navi probiert zwar noch einmal, uns auf eine einsame Panoramaroute zu locken, doch heute lassen wir uns nicht nochmal verführen. Der Wunsch, bald anzukommen und die Aussicht auf ein kühles Bier in der Bar der Palmwag Lodge sind stärker. 

Die Rezeption ist auch gleichzeitig ein wohlsortierter Shop für Camper, wir decken uns mit Feuerholz ein und erhalten den Schlüssel für das private Bad auf unserem Campsite am Fluss. Der führt kein Wasser, ist aber von malerischen Palmen bewachsen. Da es doch schon spät am Nachmittag ist, entspannen wir am kleinen Pool der Lodge und gehen dann gleich was futtern, selbst kochen müssen wir heute nicht mehr. 

Der Campsite ist gut gebucht, leider auch von einer größeren (schwäbischen) Gruppe hinter uns, die für die lauschigen Stimmen des Buschs und den wunderbaren Sternenhimmel wohl wenig übrighaben. So feiern sie Party und zwangsbeglücken ringsum ihre Nachbarn mit harten Beats bis spät in die Nacht. An ein Einschlafen ohne Oropax ist nicht zu denken, bis es Martin reicht und er seine Meinung in deutlichen Worten (und auch deutlich vernehmbar) äußert. Ergebnis: Musik aus. Abrupt. Die Störenfriede waren am nächsten Tag wieder weg, das Busch-Feeling zurück. 

In der Früh sind wir noch etwas müde, aber ein Kaffee und das gute Frühstück wecken die Lebensgeister für unsere heutige Vormittags-Exkursion in die Palmwag Concession. Wir kaufen das Permit gleich bei der Rezeption der Lodge (dort geht die Kreditkartenmaschine) und erhalten ein paar nützliche Tipps für die Runde und eine kleine Karte des Gebiets, die fast identisch mit meinem Ausdruck aus der Kartensoftware für unser Navi aussieht – das ist gut, denn dann passen auch meine vorbereiteten GPS-Wegpunkten. Das Gate ist nicht weit entfernt, und so rollen wir nach kurzer Fahrt auf der Hauptstraße gemächlich auf dem zunächst recht steinigen Terrain entlang. Wir haben keine Eile, und Tiere soll es aktuell laut Auskunft in der Lodge nicht so viele geben. Die Landschaft ist beeindruckend, wogendes silbrig blühendes Gras wechselt mit saftig grünen mäandrierenden Flussarmen an dessen Rändern knorrige Büsche wachsen. Die überall präsenten hohen Tafelberge geben aus der Ferne den perfekten Bilderrahmen. Wir halten an mehreren auf Anhöhen angelegten Aussichtspunkte, um das Panorama zu genießen. Dann tauchen doch noch einige Springböcke und Zebras auf. Zuerst nur vereinzelt, dann schon kleine Herden. Trotz überwiegend guter Beschilderung ist einige Male nicht so klar, wo der Weg weitergeht, und tatsächlich verirren wir uns in ein ausgeschwemmtes Flusstal, fehlgeleitet von anderen Reifenspuren. Bald wird klar, dass alle vor uns umgedreht haben. Zurück auf der richtigen Fährte beäugen uns ein paar Zebras beim Wendemanöver. Für heute sind wir genug gefahren, Luna und wir haben eine Pause verdient, und so düsen wir vom nördlichen Gate auf der Hauptstraße wieder retour zu unserem Camp.

Diesen Abend und die Nacht können wir mehr genießen, die neuen Gäste sind um einiges ruhiger und nach einer ausgiebigen Grillerei lauschen wir der Stille. Nur das typische Jaulen der Campkatze ist hin und wieder zu hören als sie auf ihrem Streifgang entlang der Campsites nach Leckerbissen sucht.

Am nächsten Morgen starten wir früh los auf die Gravel-Road, die uns nach Seisfontein bringen soll. Kurz davor machen wir einen Abstecher (6km) über einen holprigen Weg zu den Ogongo Quellen, die eigentlich ein kleiner Wasserfall mit einem kristallklaren türkisfarbenen Pool sind. Nichts wie rein in das wunderbare Nass! Der Pool ist überraschend tief (ich kann beim Wasserfall hinten nicht stehen) und doch sieht man durch die einfallenden Sonnenstrahlen jeden Stein am Grund. Nach dem herrlichen Bad knabbern wir noch ein paar Kekse. Ein deutscher Reisender stößt zu uns, und wie immer tauschen wir unsere bisherigen Erfahrungen aus. Er hat leider keine guten Neuigkeiten für uns, der Hoanib scheint heuer noch so viel Wasser zu führen, dass man die Engstelle nach dem Elephant Song Camp (unserem nächsten Übernachtungplatz) hinein in das berühmte Tal nicht passieren kann. Zu tief sei der Schlamm im Fluss und die Gefahr zu groß, sich festzufahren. Er gibt uns noch ein paar Ideen mit auf den Weg, wie wir das Hindernis umfahren könnten, doch die Umwege erscheinen uns dann doch zu weit. Wir beschließen, dennoch zum Elephant Song Camp zu fahren und werden nicht enttäuscht. Der Caretaker Magnes begrüßt uns reizend, und es ist für ihn vollkommen verständlich, dass wir statt der zwei gebuchten nur eine Nacht bezahlen. Auch die Concession Fee müssen wir nicht berappen, da an eine Einfahrt in das Tal nicht zu denken ist. Auf unsere hoffnungsvolle Nachfrage, ob es denn nicht vielleicht doch ginge, verneint auch er entschieden unter heftigem Kopfschütteln und Bedauern. Die atemberaubend schöne Landschaft, die sich vor unserem erhöhten Stellplatz auftut, tröstet uns über die Enttäuschung hinweg.

Magnes zeigt uns das Camp und seine Annehmlichkeiten. Am Campsite haben wir ein schattenspendendes Dach, gemauerte Dusche und Toilette, Abwasch, Strom für Licht und USB-Stecker aus der PV-gespeisten Batterie, eine Feuerstelle – alles schaut noch sehr neu aus. Zu guter Letzt verblüfft er uns mit dem Wifi-Passwort – das haben wir hier echt nicht erwartet!

Am Nachmittag ziehen dunkle Wolken über den Bergen jenseits der weiten Ebene vor uns auf und in Null Komma Nix blitzt und donnert es gewaltig ringsum. Das hereinziehende Gewitter schafft ein Spektakel an besonderen Lichtstimmungen, wie wir sie noch selten erlebt haben. Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken, in der Ferne wirbelt der Regen Staubwalzen über der Savanne auf, so dass wir sie zunächst für Twister halten. Die ersten Regebögen tauchen auf und wir fotografieren fleißig. Immer schöner und vollkommener formt sich ein Regenbogen über den Felsen zu einem doppelten Halbkreis, bis er angestrahlt von der untergehenden Sonne zu einem vollendeten und hell leuchtenden Bogen wird. Natur kann einfach phänomenal sein!

Die Nacht bricht herein mit totaler Ruhe, ein letzter Blick auf den sich aufklarenden Sternenhimmel und wir schlummern ein. Plötzlich werden wir beide jedoch von einem unvermittelten Rauschen geweckt. Der Fluss kommt ab! Magnes hatte recht: Wenn es zig Kilometer von hier entfernt stark regnet, dann schießt Stunden später eine Wasserwalze das breite Bett des Hoanib hinab. Das Phänomen nennt sich Flash Flood – leider ist es zu dunkel, um es live zu sehen, aber das Getöse verrät, dass sich sehr viel Wasser sehr schnell seinen Weg durch das zuvor trockene Flusstal bahnt.  Wir sind gespannt, wie uns die Flussdurchquerung am nächsten Morgen gelingen wird…. 

Bis auf das Vogelgezwitscher ist in der Früh alles ganz ruhig, aber wir sehen, dass der Sand im Fluss feucht schimmert. Magnes ist bereit für die Fahrt, wir haben ihm versprochen, ihn mit bis nach Seisfontein zu nehmen, er hat eine Woche Urlaub und will zu seiner Familie. Auch sein Assistent Titus ist da, er und sein Boss wollen zunächst zu Fuß testen, ob die Furt für Luna sicher und fest genug ist. Nach längeren Beratungen in ihrer lokalen Sprache befinden sie, dass wir es wagen können. Ich spaziere nun auch noch auf die andere Seite und winke Martin zu, dass er losfahren kann. Alles klappt, kein Problem für Luna. 

Wir schaffen Platz für Magnes und sein Gepäck und brummen hinaus aus dem herrlichen Tal. Ganz geben wir die Hoffnung nicht auf, irgendwann kommen wir hierher zurück und erkunden es zur Gänze!

Die Bedeutung von Regen und die Macht der afrikanischen Flüsse wurde uns auf dieser Etappe sehr deutlich bewusst, sowohl was den Wechsel in der Vegetation betrifft, die Tierwanderungen, die Schönheit des kristallklaren Badeteichs beim Wasserfall in Ogongo, aber leider eben auch, dass wir unsere Pläne, tief in das Hoanibtal hineinzufahren wegen der Unpassierbarkeit der Strecke aufgeben mussten. Dennoch hat uns die Natur eine unbeschreiblich schöne Zeit im Damaraland geschenkt.

Unsere Tipps fürs Damaraland (April 2025):

  • Die Palmwag Lodge ist ein schöner Zwischenstopp, der Shop an der Rezeption hat alles, was ein Camperherz begehrt! Die Palmwag Concession ist landschaftlich sehr reizvoll, ein halber Tag reicht aber wegen der doch recht anstrengenden, steinigen Pisten.
  • Die Tankstelle in Sesfontein scheint öfter mal trocken zu sein, also unbedingt schon in Palmwag tanken (gleich nach dem Gate)
  • Das Elephant Songs Camp ist ein Muss! Eine Wahnsinns-Aussicht auf das Hoanib-Tal, ordentliche Sanitäreinrichtungen und sogar USB-Anschlüsse an einer Batterie.
  • Der Abstecher zu den Ogongo Springs lohnt für alle Wasserratten! Ideal für eine Pause mit kurzem Sprung ins kühle Nass.

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