Wir brauchen einen Zwischenstopp, um ein paar frische Sachen zu kaufen, und auch Luna ist schon recht durstig, da die Zapfsäule in Seisfontein nichts zu zapfen für uns hatte. Die Wahl für den Versorgungs-Stopp fällt schnell auf Opuwo, eine kleine Regionalhauptstadt. Der Ort hat tatsächlich einiges zu bieten – vor allem (moderne) Tankstellen. Sage und schreibe fünf davon gruppieren sich um die ampelgeregelte achtspurige Kreuzung, wohl das niedrigste Verhältnis von lokalem Autobestand zu Zapfsäulen weltweit!
Im Dorf bekommt man in kleinen Läden wahrscheinlich so ziemlich alles für den täglichen Bedarf, offenbar decken sich auch viele Leute aus der Umgebung hier ein, denn wir sehen auch viele Hereros und Himba – einige Frauen sogar stolz in traditioneller Stammeskleidung, halbnackt mit rötlich schimmernder Haut von der täglich aufgetragenen Mischung aus Butterfett und farbigem Lehm, die die Dusche ersetzen.
Wir stillen Lunas Durst, shoppen kurz im lokalen Spar und verabschieden uns dann aus dem staubigen, geschäftigen Treiben hinauf auf einen Hügel zur Opuwo Country Lodge. Dort stellen wir uns auf den netten Campsite mit Blick auf die quirlige Stadt weit unter uns und genießen für den Rest des Tages die Einrichtungen der Lodge. Mit einem köstlich erfrischenden Rock Shandy am Infinity Pool unter Palmen lässt es sich schon mal aushalten! Das Wifi ist sogar gut genug, dass ich das Spiel meiner Mannschaft zu Hause streamen kann. Ich ärgere mich massiv über die erste – und vielleicht Meisterschafts-entscheidende – Heimniederlage dieses Jahres, die nur durch Fehlpfiffe eines völlig überforderten Schiedsrichters zustande kam. Ein guter Fisch, begleitet von einer wirklich passablen Flasche Chenin Blanc namibischen Ursprungs (Erongo Rocks) spülen den Frust aber rasch weg.
In der Nacht prasselt Starkregen gegen unser Aufklapp-Zelt, eine ordentliche Regenfront zieht durch und verwandelt Opuwo von einer Staubhölle in eine Insellandschaft – die Shopping-Inseln sind von einem Netzwerk aus Bächen umgeben, auf denen Autos kreuzen. Wir bahnen uns den Weg aus dem Ort, die Teerstraße wird zur Gravel-Piste und schon bald wird klar, dass auch die Pisten unter dem Starkregen leiden mussten. Ein paar Kilometer nach dem Ort hat sich über Nacht ein kleiner See mit etwa hundert Meter Durchmesser und breiten, matschigen Uferstreifen gebildet. Davor steckt schon ein LKW mit Anhänger hoffnungslos festgefahren im Schlamm und wird von zahlreichen Schaulustigen bestaunt, Mopedfahrer am anderen Ufer entscheiden sich, ihre Zweiräder in weitem Bogen durch den Busch zu schieben.
Ich habe absolut keine Lust, schon nach ein paar Minuten Fahrt durch den Schlamm zu waten, um zu checken, wie tief das Wasser ist, was man ja eigentlich jetzt tun sollte. Es ist keiner der üblichen Bachläufe, der die Überschwemmung verursacht hat, sondern einfach eine lange Mulde ohne Abfluss – die kann ja nicht so tief sein. Also noch auf einer trockenen Stelle die Differenzialsperren geschlossen, die Untersetzung rein und auf geht’s! Die Untersetzung war eine gute Idee, denn es wird durchaus tief. Wasser schwappt über die Motorhaube und der Schnorchel gurgelt, wir bekommen ein wenig Schräglage. Ich bin in der Dritten Vollgas, die Hand schon am Schaltknüppel, als die Drehzahl fällt, um im Notfall schnell mit ordentlich Zwischengas in den zweiten Gang zu gehen. Wird aber schlussendlich nicht notwendig, Luna pflügt mit ihrem typischen Brummen ruhig durch das Schlammloch. Am anderen Ufer angekommen, muss ich sowieso aussteigen, um die Sperren rauszunehmen, mein Blick zurück zeigt einen noch immer kämpfenden LKW und umdrehende Autos (trotz unseres Beispiels hat einige wohl der Mut verlassen…).
Dutzende weitere Schlammlöcher und gefühlt Hunderte trockene, steinige Bachläufe später kommen wir nach viereinhalb Stunden (für 180km) auf unserem Campsite bei den Epupa Falls an. Luna parken wir mit dem Heck direkt am reißenden Kunene, der die Campsites und Lodges am Ufer noch vor drei Wochen überflutet hatte. Wir hören das Tosen der Fälle, sehen die Gischt und fühlen die feuchte Luft.
Der geplante Spaziergang zu den Fällen wird zur kleinen Wanderung über Stock und Stein, die Anstrengung bei 33 Grad im Schatten (ohne Schatten) wird aber sofort belohnt.
Die Epupa Falls zeigen sich als atemberaubendes Amphitheater aus Wasser. Der noch immer sehr viel Wasser führende Kunene teilt sich vor den Fällen in verschiedene Flussarme, die sich dann in einem etwa einen Kilometer durchmessenden Halbkreis zwischen grüner Ufervegetation und belaubten Baobabs ihren Weg über die 40 Meter hohen Felsstufen suchen. Eigentlich gibt es nur einen echten Wasserfall über die ganze Höhe, die restlichen Wassermassen aus den verschiedenen Flussarmen tosen in Stufen und kleineren Fällen über die Felsen. Unsere kleine Wanderung lässt uns aus dem Staunen nicht herauskommen, immer neue Kaskaden stellen die gerade gesehenen nochmal in den Schatten.
Vollkommen verschwitzt kommen wir spät zurück zu Luna und beschließen, den für heute geplanten Braai auf morgen zu verschieben und stattdessen in der Lodge zu essen – zusammen mit fünf Südafrikanern, die wir vor einigen Tagen an einer Tankstelle kennengelernt haben, weil sie sich Luna ansehen wollten. Luna hat in etwa die gleiche Wirkung wie ein niedliches Hündchen an der Leine – jeder will streicheln (also hineinschauen), und so kommt man durch sie mit vielen Menschen in Kontakt! In diesem Fall freuen wir uns darüber, denn die Gruppe ist sehr nett und versorgt uns an diesem Abend mit vielen guten Tipps für den Südwesten Südafrikas zusammen mit fotografischen Schmankerln – vielleicht schauen wir mit Luna ja doch mal über die Grenze nach Süden, obwohl wir Südafrika bisher ja nicht so auf dem Radar hatten.
Viel mehr begeistert haben uns hingegen die Fälle, also machen wir am nächsten Tag gleich noch einmal die kleine Wanderung hinaus zu den Kaskaden, gefolgt vom am Vortag verschobenen Braai direkt am Kunene mit Blick auf Angola am anderen Ufer des Flusses.
Zuvor nimmt Eva aber noch an einer von unserer Lodge angebotenen Himba-Tour teil und erfährt beim Besuch eines Himba-Dorfes einiges über den hier stark vertretenen, noch immer halb-nomadisch lebenden Stamm.
Evas Bericht von der Tour:
Pünktlich sammelt der Guide seine Exkursionsteilnehmer am Campsite und in der Lodge ein. Heute sind nur Damen mit von der Partie. Gleich über dem ersten Hügel haben wir einen herrlichen Ausblick auf eine Palmen-Oase am Kunene, zu der das schon etwas ältere Safarivehikel hinabschaukelt und uns dabei eine Buschmassage verabreicht. Der Guide verspricht: „Let´s see if we find some crocodiles“. allerdings ist es wohl noch zu früh am Morgen, und so erhaschen wir nur der Blicke auf ein „Rockadile“ im nahen Fluss.
Etwas abseits der Lehmhütten parkt er im Schatten, wir springen raus und er beginnt mit den Erklärungen zum Dorfleben. Es gibt eine „Chief-hut“ ( die größte), am Rand in einem Kreis stehen weitere kleiner Hütten und gegenüber der Kral für die Tiere. Auf der gedachten Line befindet sich das „Holy Fire“, das immer an ist. Der Guide schärft uns noch ein, dass die gedachte Linie von der Chief-Hut zur Feuerstelle und Kral niemand überschreiten darf. Wir lernen noch schnell die wichtigsten Begrüßungsformeln auf Himba und dann nähern wir uns den Himba-Frauen, die in der Zwischenzeit von einem Hügel runter ins Dorf kommen, um die Besucher zu empfangen. Das ganze wirkt natürlich etwas inszeniert, aber sie bewegen sich sehr natürlich, und wir scheinen sie gar nicht zu stören. Die eben gelernten Begrüßungsworte kommen mir gar nicht so schwer über die Lippen und die traditionell gekleideten Frauen scheint es zu freuen. Sie tragen den typischen Schmuck um den Hals und die Fußbänder signalisieren, ob und wieviele Kinder sie schon haben. Auch die Art, wie sie ihre Haare tragen und mit rotem Lehm einschmieren, hat jeweils eine andere Bedeutung. Wir fragen, ob es in Ordnung ist, Fotos zu machen, und alle bestätigen, dass es ok sei – das gehöre zu der Besuchstour schließlich dazu. Wir dürfen dann auch noch die Chief-Hut betreten, in der eine besonders schön geschmückte Himba-Dame am Boden vor der kleinen Feuerstelle sitzt. Ich könnte keinen Tag hier drin überstehen, es ist sehr dunkel und rauchig. Der Guide erklärt uns die verschiedenen Gegenstände und deren Verwendung. Da ist z.B. eine kleine Schale in der die Frauen bestimmte nach Limone riechende Äste oder Kräuter verbrennen, sodass der Rauch wie ein Parfum wirkt. Jede Frau hat auch stets zwei kleine Gefäße dabei, das eine mit der Mischung aus rotem Ocker und Butterfett für die tägliche Hautpflege und das andere auch mit Parfum. Wie bei jeder touristischen Tour werden wir dann noch zu den selbstgemachten Souvenirs geführt. Ich finde ein nettes Armband. Wir verabschieden uns und bedanken uns für die Demonstrationen und kehren mit neuen Eindrücken zurück in unser modernes Leben.
Voll mit Eindrücken gehts es am nächsten Tag zurück nach Opuwo, da die Strecke entlang des Kunene wegen der noch zu viel Wasser führenden Zuflüsse leider noch nicht befahrbar ist, um nach Ruacana und hinüber nach Angola zu kommen. Bevor wir uns in Ruacana auf den Campsite der Eha Lodge stellen, machen wir noch einen kleinen Abstecher zu den Ruacana Falls, die ordentlich Wasser führen, da das direkt über den Fällen liegende Kraftwerk die Schleusen noch immer (teilweise) öffnen muss. Unter imposantem Getöse stürzen die Wassermassen über eine breite Wand in eine enge Schlucht – ein Setting, das durchaus an die Victoria Falls erinnert. Wir genießen das Schauspiel für eine halbe Stunde und machen uns dann auf den Weg ins Camp, denn am nächsten Tag startet das Abenteuer Angola.
Tipps zu den Epupa Falls (Mai 2025):
- Für die Wanderung zu den Fällen sollte man 2-3 Stunden einplanen, um auch wirklich genügend Zeit zu haben, dieses Naturschauspiel auf sich wirken zu lassen.
- Die Tour kann man auch ohne Führer machen, gleich nach den beiden Lodges mit Campsites rechts hinein, immer dem Getöse nach. Den Pfad kann man dann nicht verfehlen.
- Die Himba-Tour lohnt, man kann sie direkt vor Ort buchen bei den lokalen Guides, das ist ein wenig billiger als in den Lodges, allerding muss man dann selbst hinfahren während man ansonsten im Safarivehikel chauffiert wird.
- Das restliche Tour-Angebot der Lodges ist überschaubar, flussabwärts kann man wandern, oberhalb der Fälle kann man „raften“ (also im Schlauchboot dahintreiben) – die einzige Spannung ist dann wohl, ob man vor den Fällen die Landung schafft…. Die Begeisterung der zurückkehrenden Teilnehmer war jedenfalls enden wollend.
- Die Lodges bieten einfache Chalets und sehr schön gepflegte Campsites mit Plätzen am Fluss unter Palmen. Zwischen der Omarunga- und der Popa Falls Lodge gibt es kaum Unterschiede, sie liegen auch direkt nebeneinander am Ufer.
- Das „Free Wifi“ der Omarunga beschränkt sich auf 300MB (pro Gerät), das Netz ist on/off, dafür gibt es Feuerholz und man kann Wäsche waschen lassen (beides gegen ein kleines Entgelt versteht sich).
Tipps zu den Ruacana Falls (Mai 2025):
- Die Fälle führen nur dann Wasser, wenn das Kraftwerk flussaufwärts die Schleusen öffnet, also nur nach der Regenzeit (März/April). Zu allen anderen Zeiten lässt sich lediglich eine trockene Felswand „bewundern“.
- Das ist auch der Grund, warum die touristische Infrastruktur nach dem Kraftwerksbau zu verfallen begann und heute nur mehr Ruinen von Restaurants und Verkaufsbuden an bessere touristische Zeiten erinnern.
- Den Einstieg in den kleinen Rundgang mit Aussicht auf die Fälle findet man bei S 17.23.49 / E 14 13 17.
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